Digitaler Benediktiner – «Bruder David KI-Bot» hilft bei spiritueller Sinnsuche (2025)
Radiosendung im Gespräch Benedikt Schulz mit Jörn Florian Fuchs im Deutschlandfunk in der Sendung Tag für Tag vom 3. Juli 2025
Mitschrift von Klaudia Menzi-Steinberger
Benedikt Schulz
Der österreichisch-amerikanische Benediktiner Mönch David Steindl-Rast ist weltbekannt als Brückenbauer zwischen den Religionen, vor allem als Ratgeber in spirituellen Sinnfragen. Seine Bücher erreichen hohe Auflagen, seine Vorträge über den Wert der Dankbarkeit werden millionenfach geklickt und er ist sogar einmal von der US-Talkmasterin Oprah Winfrey eingeladen worden. In wenigen Tagen wird er 99 Jahre alt und wenige Tage vor seinem Geburtstag wurde nun an der Universität in Salzburg etwas vorgestellt, was diesen spirituellen Ratgeber in gewisser Weise unsterblich macht. Der Bruder David KI Bot, also KI – künstliche Intelligenz – oder präziser gesagt, maschinelles Lernen, soll das Lebenswerk dieses Benediktiners auf besondere Art zugänglich machen. Und ja, der Bot spricht und klingt sogar genauso wie sein reales Vorbild. Mein Kollege Jörn Florian Fuchs hat sich schon häufiger mit dem umfangreichen Werk von David Steindl-Rast beschäftigt. Deswegen war er auch bei der Vorstellung dieses Bruder David KI-Bots in Salzburg dabei. Ich habe ihn vor der Sendung sprechen können und ihn erst einmal gefragt, was genau macht und was genau kann dieser Bot eigentlich?
Jörn Florian Fuchs
Der Bot beantwortet Fragen, und zwar ganz viele Fragen. Man darf eigentlich alle Fragen stellen, die einem so auf der Seele im Wortsinne liegen. Der Hintergrund ist, dass ein Team das so programmiert hat. Es wurden etwa 800 Publikationen verwendet und es war auch ein bisschen eine Urheberrechtsfrage, was man verwenden darf von David Steindl-Rast. Diese sind verarbeitet in eine KI und die wiederum speist diesen Bot. Die Fragen können ganz einfach sein, wie z.B., was ist Glück oder ich habe eine schwere Zeit, wie geht es mir besser bis hin zu vertrackten theologischen Fragen. All das habe ich ausprobiert und auf all das gibt es relativ schnell Antworten, die sich natürlich, wenn man David Steindl-Rast ein bisschen kennt, aus seinem Lebenswerk speisen und die auch seine Stimme anbieten. Man kann einfach nur einen Text lesen oder man drückt dann das kleine Signal, um seine Stimme zu hören. Später soll sogar noch sein Bild dazu kommen. Da steht mal einfach nur ein Zitat aus seinen Werken, aber auch mal durchaus was Konkretes mit weiterführenden Hinweisen. Es geht wirklich z.B. darum, welches Gedicht, welcher Künstler kann einem in der schweren Zeit helfen und dann wird Rilke zitiert, gleich kommt das passende Gedicht dazu.
Benedikt Schulz
Das heißt, ich sollte ihn schon Dinge fragen, die grob, ich sag mal mit der Gedankenwelt von David Steindl-Rast zu tun haben oder könnte ich ihn jetzt auch ganz banal gefragt, einfach nach dem Wetter auch Vorhersagen fragen?
Jörn Florian Fuchs
Ich habe das natürlich ausprobiert, weil man ja neugierig ist! Man stellt auch Fragen, die ganz weit davon weggehen und es gibt auch Leute, die gar nicht wissen, wer ist denn David Steindl-Rast, die sich jetzt vielleicht nicht vorher einarbeiten, sondern einfach mitbekommen, es gibt diesen Bot und ich probiere das mal aus. Es ist relativ simpel. Da erhält man Antworten wie, das habe ich nicht in meinem System oder darauf habe ich keine Antwort oder auch, das ist außerhalb von dem, was ich beantworten möchte. Wichtig ist das, wenn es um politische Fragen bzw. um Politik und Religion geht, weil dies manchmal auch ein Überlappungsbereich ist, wo es sehr konkret zu einer Position, Stichwort, aber auch vielleicht um links oder rechts, oder so geht. Das ist etwas, was grundsätzlich nicht beantwortet wird. Steindl-Rast sagte selber, er möchte auch nicht seine politischen Überzeugungen im Bot haben. Da wird sehr viel Wert daraufgelegt und man findet das auch nicht darin. Es bleibt wirklich bei einer theologischen und eher dann würde ich sogar noch sagen, lebenspraktischen, lebensphilosophischen Herangehensweise bei dieser KI.
Benedikt Schulz
Wobei es ja auch eine gewisse philosophische Haltung verrät, wenn die KI sagt, das weiß ich nicht, denn die meisten KI's, die im Umlauf sind, z.B. ChatGPT, antworten in jedem Fall, oder?
Jörn Florian Fuchs
Ganz genau, das finde ich wirklich eine der positiven Dinge. Ich habe gerade diese App geöffnet, da geht es jetzt um das Gottesbild, einfach um die Frage, was ist Gott, wer ist Gott? Hier ist David Steindl-Rast ein bisschen zurückhaltend. Er sieht es als das «große Geheimnis», wie er das nennt. Das ist manchen Theologen dann ein bisschen zu schwammig, doch er bereichert diese Zurückhaltung etwa durch literarische Zitate und Quellen, die seine Deutung vertiefen. Es gibt hier auch so einen Dreischritt an Antworten. Man kann der Sache folgen, indem man jetzt sozusagen einen Impuls aufnimmt und dann geht es mit dieser KI weiter oder es gibt ein konkretes Zitat. Interessant ist das Thema Nachhaltigkeit, das Steindl-Rast sehr wichtig ist. Das kommt auf eine sehr charmante Weise in dieser KI vor. Wir hören jetzt den jungen Felix Hörbinger, der diese KI im Wesentlichen programmiert hat. Es geht darum, dass die KI auch versucht, Energie zu sparen.
«Wir arbeiten an der App auch daran, dass sie möglichst geringgehalten wird, indem wir aus unserer Datenbank möglichst genaue Texte raussuchen und dann ein eher kleines Sprachmodell nehmen, das weniger Computer-Rechenleistung braucht und dadurch auch weniger Strom verbraucht....»
Benedikt Schulz
David Steindl-Rast war selbst vor Ort, er hat sich sozusagen in gewisser Weise oder sein digitales Alter-Ego selbst befragt. War er zufrieden mit sich selbst sozusagen?
Jörn Florian Fuchs
Ja, man hat gemerkt, dass er, und das hat er auch gesagt, zunächst mit dieser Idee, dass es diesen Bot geben soll, schon gefremdelt hat. Man muss sagen, dass er ja jemand ist, der sich nicht so in den Vordergrund rückt. Das klingt jetzt ein bisschen Paradox, vielleicht auch bei der Anzahl von Publikationen und den ganzen Auftritten über diese vielen vielen Jahrzehnte, aber das Interessante ist eben, die Universität Salzburg will den Bot langfristig weiterentwickeln und hat sich da, wie man neudeutsch so schön sagt committed. Nicht nur, was die Technik betrifft, sondern auch ein bisschen natürlich darauf zu schauen, was jetzt das theologisch-philosophische betrifft. Eine Sache, die bei dieser Pressekonferenz auftauchte ist, gibt es ein Leben nach dem Tod? Ist ja klar, dass so eine Frage wahrscheinlich einige eingeben werden. Da kam als Antwort zwar nicht ganz konkret, wie das aussieht, aber dass es eben eine andere Dimension ist. David Steindl-Rast hat selber gesagt, bei der Antwort ist es ein bisschen schwierig, das ist ihm da zu konkret, das würde er in persönlichen Gesprächen nicht so sagen. Dies wurde gleichsam auf der Pressekonferenz mit hineingenommen, es ist auch ein Work in Progress. Ganz interessant war, dass er wiederum diese KI befragt hat, ja, eigentlich zur KI selber und zu dieser Situation. Das hören wir jetzt, David Steindl-Rast im Gespräch mit David Steindl-Rast:
Dass du mir diese Frage auf diese Weise stellen kannst, zeigt, dass ich als digitale Stimme wirken kann.
«Ich bin immer offen für Neues und bin fast erstaunt, dass ich in meinem hohen Alter auch noch einen Bot habe, aber ich freue mich darüber und hoffe, dass er viel Gutes tut.»
Jörn Florian Fuchs
Ich hatte immer so ein bisschen den Eindruck, Steindl-Rast bräuchte das vielleicht auch nicht unbedingt. Er sah das sehr positiv, dass es eben weitergeht mit seinem Lebenswerk. Ihm geht es immer auch um dieses konkret seelsorgerliche, dieses extrem zugewandte. Und schon der Wille, zu versuchen, jemanden auch vielleicht auf neue Ideen zu bringen, auf neue Impulse, das muss man vielleicht noch mal sagen, das ist nicht ein theologisches dogmatisches Weltbild, was sich vermittelt, sondern das ist viel mehr. Steindl-Rast findet Bilder aus der Literatur, aus der bildenden Kunst etwa, die er einem dann mitgibt – Dankbarkeit ist das große Thema in vielen seiner Publikationen. Deswegen kann man in diesem Bot auch ein Dankbarkeitstagebuch führen. Das hat er selber, Steindl-Rast, auch seit vielen Jahrzehnten geführt und führt es weiterhin. So ein Tagebuch kann man im Bot führen und auch abspeichern, so dass man sich selber ein bisschen in dieser KI findet und vielleicht dann nach zwei, drei Jahren einmal zurückblicken kann, welche Fragen man wo gestellt hat, in welcher Situation und wofür man eben dankbar war.
Benedikt Schulz
Ein KI Bot als digitales Alter Ego des Benediktiners David Steindl-Rast.