Br. David Steindl-Rast OSB

bruecken statt mauern titelCopyright © - Wilfried F. Noisternig

Unsere polarisierte Welt fordert uns alle heraus, Brücken zu bauen statt Mauern. Für uns Christen wäre das zugleich ein Brückenschlagen auf die Kirche der Zukunft hin. Ein Blick auf Jesu Tod und Auferstehung kann uns das nahebringen.

Was war der Grund für Jesu Kreuzigung?
Geschichtswissenschaftlich ist die Antwort klar: Jesus wurde als politischer Verbrecher hingerichtet. Die Kreuzesstrafe war ausschließlich Aufrührern und davongelaufenen Sklaven vorbehalten. Ihr Verbrechen: Sie unterminierten die Grundlage der römischen Machtpyramide. Und genau das hatte Jesus sich zuschulden kommen lassen.

Um die Gottesherrschaft mitten unter uns (Lk 17,21) aufzurichten, zog Jesus durch Galiläa und organisierte eine von der römischen Besatzungsmacht unterdrückte und ausgebeutete Unterschicht zur Selbsthilfe. Er sandte auch Mitarbeiter aus (Lk 10,1), um das Reich Gottes ganz gezielt im Gegensatz zur Machtpyramide Roms als Vernetzung kleiner Netzwerke aufzubauen. Trotz aller Gegensätze zwischen Kaiphas und Pilatus, sassen beide an der Spitze der Pyramide, die Jesus zu erschüttern drohte, wenn er sagte: «Der Größte von euch soll euer Diener sein» (Mt 23,11). Die Gewalthaber machten also gemeinsame Sache und «eliminierten» den Revolutionär.

bruecken statt mauern dsrWas war die Botschaft Gottes durch die Auferstehung?
Ein Jude verstand sich mit Gott durch seine Zugehörigkeit zum auserwählten Volk verbunden. Da die höchste religiöse Autorität seines Volkes Jesus ausgestoßen hatte, mussten seine Jünger annehmen, dass er auch von Gott verdammt war. Aber das Umwerfende der Osterbotschaft war: Gott hat Jesus auferweckt und so das Herzstück seines Wirkens, die Aufrichtung der Gottesherrschaft gerechtfertigt. Das sendet die Apostel als Zeugen für das Reich Gottes in alle Welt.

Was ist die Botschaft des Auferstandenen?
Ein Schlüsselwort der Auferstehungsbotschaft ist: «Fürchtet euch nicht!» (Mk 16,6). Auf Furcht setzt das Grundmodell der vorherrschenden Weltordnung: die Machtpyramide. Bei Johannes heißt sie darum einfach «die Welt» – nicht die Welt, die Gott so sehr geliebt, sondern die Welt, die ihn nicht erkannt hat. Von ihr sagt Jesus Christus: «In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden» (Joh 16,33). Auch für uns gilt: «Dies ist der Sieg, der die Welt überwindet: unser Glaube» (1 Joh 5,4).
Der Auferstandene siegt durch gläubiges Vertrauen auf Gott über alle Furcht der Welt. Furcht müssen wir dabei freilich von Angst unterscheiden. Angst ist unvermeidlich. Sie ist die Enge, in die uns das Leben immer wieder führt. Furcht sträubt sich und bleibt in der Angst stecken. Der Glaube geht voll Vertrauen weiter und auch die engste Passage führt zu einer neuen Geburt. Jesus selbst schwitzt Blut vor Todesangst (Lk 22,44), furchtlos aber vertraut er dem Vater und wird so zum «Erstgeborenen von den Toten»
(Offb 1,5).

Furcht baut Mauern, Vertrauen baut Brücken.
Beides - und das ist die Tragik der Kirchengeschichte - finden wir innerhalb der einen Kirche. Sie wurzelt in der Predigt Jesus vom Reich Gottes, verweltlicht aber zur Machtpyramide und baut Mauern von Furcht, Ausgrenzung und Habsucht. Immer wieder aber bauen Erneuerungsbestrebungen (wie die des hl. Franziskus und unseres Papstes Franziskus) Brücken der Vernetzung durch Vertrauen, Zusammenarbeit und freudiges Teilen.

Unzählige Menschen guten Willens suchen heute Jesus Christus, stoßen sich aber an kirchlichen Mauern. Wollen wir als Christen für das eintreten, wofür Jesus gekreuzigt wurde und wozu der Auferstandene uns aussendet? Wenn wir Zeugen werden für das Reich Gottes, dann bauen wir zugleich die einzig gangbare Brücke zur Zukunft unserer Kirche. Die Liturgie von Jesu Christi Tod und Auferstehung ruft uns wieder dazu auf.



Artikel von Bruder David Steindl-Rast, Ostern 2017 für das Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan
Quelle:  Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan Nr. 1, Ostern 2017

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