+ MEINE LIEBEN FREUNDE,

oster 2020DIE PANDEMIE, DIE WIR ZURZEIT ERLEBEN, BRINGT SCHRECKLICH VIEL LEID, SIE BRINGT ABER AUCH EIN GROßES GESCHENK. WIR ALLE TUN, UNSER MÖGLICHSTES, UM DAS LEID ZU LINDERN. WENN WIR, DARÜBER HINAUS, AUCH DAS GROßE GESCHENK NUTZEN, WIRD, WAS WIR TUN, MITHELFEN BEI DER GEBURT EINER NEUEN WELT AUS DIESER KRISE. DAS GESCHENK HEIßT STILLE.

DIE KARWOCHE IST EINE ZEIT TIEFER STILLE FÜR MÖNCHE UND FÜR ALLE, DIE SICH IHNEN ANSCHLIEßEN WOLLEN — STILLE ANGESICHTS DES LEIDES IN DER WELT, STILLE DIE DAS LEID LIEBEND UMARMT UND SO HEILT. EIN ÜBERRASCHENDES BILD DIESER UMARMUNG KONNTE ICH IM DUOMO VON TAORMINA ENTDECKEN UND IN EINEM FOTO FESTHALTEN. HIER SCHICKE ICH EUCH DAS FOTO UND EINEN KURZEN TEXT ZUM THEMA STILLE — ALS ZEICHEN UNSERER INNIGEN VERBUNDENHEIT IN DIESEN TAGEN.

SO WÜNSCHE ICH EUCH, TROTZ ALLEM, DIE OSTERFREUDE EINER GRENZENLOSEN UMARMUNG,

EUER BRUDER DAVID

Im Gehorsam gegenüber Abtpräses Mag. Johannes Perkmann, biete ich dankbar diesen kurzen Beitrag zu unserer speziellen Webseite für diese Krisenzeit an, obwohl ich alle ähnlichen Einladungen zuvor abgelehnt habe. (2020)


Liebe Brüder und Schwestern,

diese Pandemie ist eine einmalige Gelegenheit, anzuhalten, uns nach innen zu wenden und still zu sein – zu schweigen. Wenn wir berufen sind, den Kranken, den wirtschaftlich Gefährdeten oder den offiziellen Entscheidungsträgern beizustehen, kann unsere Antwort unverzüglich gefordert sein. Aber auch dann muss sie aus der Stille kommen. Nur was in der Stille wurzelt kann Frucht tragen.

Ich finde es bestürzend zu sehen, wie viele Menschen sich berufen fühlen, ihre eigenen Ideen und Ratschläge zu den medizinischen und behördlichen Anweisungen im Internet hinzuzufügen. Gut gemeint, aber wie schade, dass sie gleich etwas sagen müssen. Was für eine Verschwendung dieser einmaligen Gelegenheit, die Stille auf uns wirken zu lassen. Versuchen wir doch, uns wehrlos der Stille auszusetzen – jeden Tag etwas länger, bis sie uns unter die Haut geht und bis ins Herz.

Aus den Kommentaren in den öffentlichen Medien geht hervor, dass unsere Welt immer noch mittendurch gespalten ist, zwischen denen, die darauf hoffen, dass möglichst bald alles sein wird, wie es war, und denen, die dies für den schlimmstmöglichen Ausgang halten – unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten. Worte, die nicht aus der Stille kommen, können uns nur noch weiter trennen. Es wird viel Stille brauchen, bis wir auf einander horchen lernen, und noch länger, bis wir Worte finden, die uns zusammenführen können.

Beten wir, dass das Prophetenwort sich nicht an uns erfüllt: «Durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein. Aber ihr habt nicht gewollt.» (Jesaja 30:15)

Mit aufrichtigem Dank an alle, die anderen in diesen schweren Tagen tröstende Worte spenden – aus mitfühlendem Schweigen heraus – möchte ich Abba Pambo, einem unserer großen Lehrer mönchischen Schweigens, das letzte Wort überlassen:

Theophilus, der Erzbischof von Alexandria, kam eines Tages nach Sketis. Die versammelten Brüder baten Abba Pambo: «Sag etwas zum Erzbischof, das ihn erbauen kann.» Der alte Mann antwortete: «Wenn mein Schweigen ihm nicht hilft, wird es auch kein Wort von mir schaffen.»


Bruder David Steindl-Rast
03. April 2020

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