Vom Älterwerden und Reifen
2012 ©Tyrolia
Das Herz des Menschen ist geschaffen, um zu lobpreisen. (David Steindl-Rast OSB)
Vortrag von David Steindl-Rast OSB
Einführung durch Franz Josef Köb.
In diesem Vortrag bringt Bruder David seine Lebenserfahrung auf den Punkt. Am Beispiel von Gedichten von Joseph von Eichendorff und Rainer Maria Rilke ermutigt er dazu, den Herausforderungen gerade der letzten Lebensphase in einer Haltung des Vertrauens und der Dankbarkeit zu begegnen.
Focus-Signet: Ausschnitt aus «Selinas Wiegenlied» von Peter Riedmann, interpretiert von Peter & friends. Muskbeiträge: Interpretiert von Dejan Gavric (Flöte) und Silke Aichhorn (Harfe). Dieser Vortrag ist - leicht bearbeitet - auch in Buchform erschienen.
- Fragen die uns bewegen, Musikstück: Johann Sebastian Bach, Siciliano
- Wonach sehnen wir uns? Musikstück: Camille Saint-Soens, Romance
- Wie können wir überstehen? Musikstüdck: Jacques Ibert, Entr'acte
- Woran reifen wir? Musikstück: Reynaldo Hahn, L'heure exquise
- Was tröstet uns?
David Steindl-Rast wurde als Franz Kuno Steindl-Rast am 12. Juli 1926 in Wien geboren. Seine Großmutter mütterlicherseits war eine äußerst tatkräftige Frau. Angesichts des Kriegsleidens hatte sie im Ersten Weltkrieg eine Hilfsaktion gestartet, die Kriegswaisen einen Aufenthalt in neutralen Ländern ermöglchte. Nach dem Ende des Krieges reiste sie in die Vereinigten Staaten, um Spenden für ihr Hilfswerk zu sammeln. Da sie nun viel Zeit in den USA verbrachte, erhielt sie für ihre Tochter ein Stipendium in Baltimore, wodurch sich die Beziehungen der Familie zu den USA festigten.
Bruder David besuchte in Wien die für ihn «wunderbare Neulandschule», eine katholische Privatschule, die offen und reformorientiert damals ihrer Zeit weit voraus war. Die Lehrer begegneten ihren Schülern auf Augenhöhe und strebten durch praktische Arbeit im Garten ebenso wie durch musische Schwerpunkte eine ganzheitliche Bildung der Jugendlichen an.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war Bruder David gerade 13 Jahre alt. Der Krieg und die nationalsozialistische Diktatur prägten seine Jugend, bewirkten aber auch eine starke Verwurzelung im christlichen Glauben: «Damals wurden manche unserer Priester verhaftet oder sogar hingerichtet. Wir wussten das und auch, dass wir uns in Gefahr begaben, wenn wir z.B. als Protest gegen die Hitlerjugend mit Freunden aus dem verbotenen Bund Neuland auf Fahrt gingen. Doch diese Gefahr war auch etwas, was wir als Teenager spannend fanden. Verständnisvolle Seelsorger und unser frohes gemeinsames Leben mit Gleichgesinnten führte uns tiefer in unseren Glauben.»
Im Mai 1944 wurde Bruder David zur Wehrmacht einberufen, doch ein «großer Schutzengel» bewahrte ihn in der Pionierkaserne in Krems an der Donau vor dem Einsätzen an der Front. Im Februar 1945 tauchte er unter und seine Mutter versteckte ihn bis zum Kriegsende. Sobald dies möglich wurde, emigrierten seine beiden Brüder in die USA. Er selbst blieb zunächst in Wien, wo er Kunst an der Akademie der bildenden Künste sowie Psychologie und Anthropologie studierte. Nach seiner Promotion im November 1952 folgte er seiner Familie in die USA. Dort hörte Bruder David vom neu gegründeten Mount-Saviour-Kloster bei Elmira im Staate New York, einer kleinen Gemeinschaft, die möglichst urspünglich nach der benediktinischen Regel leben wollte. Bruder David fuhr hin. Noch am selben Tag entschied er sich einzutreten.
Nach 12 Jahren ordensinterner Ausbildung sowie philosophischen und theologischen Studien wurde Bruder David nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil beauftragt, am entstehenden buddhistisch-christlichen Dialog teilzunehmen. Er praktizierte daraufhin bei mehreren Meistern Zen und gründete mit Rabbinern, Buddhisten, Hindus und Sufis das «Center for Spiritual Studies». Für seine Leistung als Brückenbauer zwischen den verschiedenen religiösen Traditionen erhielt er 1975 den «Martin-Buber-Award». Mit dem Trappistenmönch Thomas Merton war er maßgeblich engagiert in der religiösen Erneuerungsbewegung der USA. Ausgedehnte Vortragsreisen führten Bruder David in alle Kontinente, dazwischen zog er sich immer wieder für längere Zeit als Einsiedler in die Stillezurück. Mit seinem Buch «Credo» (mit einem Vorwort S.H. dem Dalai Lama) hat Bruder David versucht, den christlichen Glauben durchscheinend zu machen für eine Ur-Gläubigkeit, die alle Menschen verbindet.
Bruder Davids Lebensthema ist die Dankbarkeit. In seinen Vorträgen und Büchern ermutigt er dazu, alles, was uns begegnet, als Geschenk oder als Weckruf zu erkennen, der uns herausfordert, wach und lebendig darauf zu antworten. Der geistlliche Schriftsteller Henri Nouwen umschreibt sein Wirken folgendermaßen: «Inmitten einer Welt, deren Bewusstsein von Hass und Gewalt beherrscht wird, lenkt Bruder David unsere Aufmerksamkeit in eine andere Richtung und zeigt uns, dass Friede und Freude näher sind, als wir dachten. Mitten in einer Welt, wo Furcht und Misstrauen uns ein enges und kleines Leben führen lassen, streckt Bruder David seine Arme aus, lächelt und sagt: Liebe aus ganzem Herzen, lass dich überraschen, danke und juble, dann wirst du die Fülle des Lebens erfahren.» (Klaus Gasperi)