Text von Br. David Steindl-Rast OSB

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Das Eine, was wir immer finden werden müssen, ist natürlich unsere eigene Mitte: nicht irgendeine Lehre da draußen, sondern unser eigenes innerstes Herz. Wenn die Tradition, in der du aufgewachsen bist, dir nicht geholfen hat, das zu finden, dann belaste dich nicht, wenn du woanders danach suchst, denn ich bin hoffnungsvoll, dass deine Suche erfolgreich sein wird.

Aber ich bin auch traurig, wenn ich sehe, wie viel meine Religion mir gegeben hat und wie viel sie anderen Leuten geben könnte, und ich merke, dass in den Erziehungseinrichtungen oder in der Familie etwas zu fehlen scheint. Ich kann nicht genau sagen was. Aber wenigstens haben junge Menschen genug Mut und Interesse und religiöses Feuer, um anderswo danach zu suchen.

Bei einem Kind, das auf katholische Schulen gegangen ist, katholische Eltern hat und dessen Eltern jetzt erschüttert sind, weil er oder sie auf einmal buddhistische Roben trägt oder nach Indien geht oder was auch immer, gilt meine einzige Sorge den Eltern. Ich versuche, ihnen immer zu sagen, «Freut euch mit eurem Kind, weil dieses Kind unter einer anderen Hülle, unter einem anderen Etikett das gefunden hat, was euch so wichtig ist.» Ich versuche, ihren Horizont ein wenig zu erweitern. Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass diese jungen Leute, wenn sie auf dem Weg, den sie gewählt haben, weitergehen, das finden werden, was wir «Christus» nennen. Weil ich weiß, dass man es in all den verschiedenen Traditionen finden kann. Natürlich passiert es sehr oft, dass Leute, die einen christlichen Hintergrund haben, viele Jahre damit verbringen, beispielsweise Zen zu praktizieren, oder Yoga ‒ und dadurch letzten Endes ihren christlichen Hintergrund wiederentdecken.

Aber das soll nicht bedeuten, dass ich Nominalist bin. Ich sage nicht: «Es ist alles gleich». Die Wege sind sehr, sehr unterschiedlich. Je mehr du sie erforschst, desto mehr stellst du fest, dass sie weit unterschiedlicher sind, als du anfangs gedacht hattest. An der Oberfläche gibt es eine gewisse Ähnlichkeit, und tief drunten ist eine Einheit. Aber zwischen diesen beiden Polen sind sie so verschieden, wie sie nur sein können. Und das ist gut, weil es so für jeden etwas gibt.
[ST 143f. unter dem Titel «Wege», Quelle: GR, aus dem Englischen übersetzt von Ulla Bohn]



Quellenangaben

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