Text von Br. David Steindl-Rast OSB

herz titel b kraehmerCopyright © - Barbara Krähmer

Wenn Liebende einander sagen: «Mein Herz gehört dir», dann meinen sie nicht: «Dir gehört ein Teil von mir.» Nicht einmal der beste Teil reicht dann aus. Was sie ausdrücken möchten ist, dass sie bereit sind, sich selbst zu geben, sich ganz zu geben, ihr ganzes Wesen. Mehr noch: das Herz ist kein statisches Symbol. Es ist dynamisch, lebendig. Das Herz ist der pulsierende Kern unserer Lebendigkeit in mehr als einem bloß körperlichen Sinn. «Mein Herz gehört dir» zu sagen, heißt «mein Leben gehört dir». Dankbarkeit ist volle Lebendigkeit, und eben diese Lebendigkeit wird im Symbol des Herzens zusammengefasst. All meine Vergangenheit, meine zukünftigen Möglichkeiten ‒ dieser Herzschlag in eben diesem Moment hält all das zusammen.

Wenn wir vom Herzen sprechen, lautet das Schlüsselwort «eins». Herz bedeutet jene Mitte unseres Seins, in der Intellekt und Wille und Gefühle, Geist und Körper, Vergangenheit und Zukunft eins werden. Wenn wir den Punkt entdecken, an dem unser Leben eins wird, dann entdecken wir das Herz. [ST 64, Quelle: FN 1) 27; 2-5) 29; 6) 31f.]

Finden wir unser Herz wirklich, dann finden wir jenen Bereich, in dem wir auf das Engste mit uns selbst, mit allen anderen und mit Gott eins sind. Und die erstaunlichste Entdeckung ist die, dass in der Tiefe meines Herzens, um es mit den Worten Augustinus' zu sagen, «Gott mir näher ist als ich mir selbst».

Wenn die Bibel uns erzählt, wie Gott uns Menschen erschafft, indem er uns Leben einatmet, dann wird diese intime Kommunion mit Gott als der Kern unseres Menschseins betrachtet. Es ist das Herz, wo wir Gott treffen. Gott zu treffen aber bedeutet Gebet. Und somit wissen wir jetzt ein weiteres über das Herz: Es ist unser Treffpunkt mit Gott im Gebet. Das Gebet aber ist das Herz der Religion.
[ST 64f., Quelle: FN 1) 31; 2-5) 33; 6) 35]

Staunen bedeutet, mit den Augen des Herzens zu sehen. Und durch Konzentration im Gebet sammeln wir uns in jener Herzensmitte, aus der jede echte Antwort entspringt. Das Herz ist hier wieder von zentraler Bedeutung. Aus unserer Sicht verbindet das Herz Gebet und Dankbarkeit. Das Herz sieht voller Staunen, dass diese gegebene Welt und alles, was wir in ihr finden, letztlich Geschenk ist. Auf diesen Geschenkcharakter aller Dinge antwortet das Herz mit Danken, Preisen und Segnen. [ST 65, Quelle: FN 1) 68; 2-5) 71; 6) 72]



Quellenangaben

 

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