Text von Br. David Steindl-Rast OSB

askese titelCopyright © - Georg Stahl

Man verbindet Mönchstum und Mönchsein oft mit Askese, und das ist auch richtig. Aber oft glaubt man, Askese bedeute, dass man die Sinne verleugnet, und das ist ein Irrtum. In spirituellen Überlieferungen wie etwa dem Zen lernen wir, dass Askese eine Disziplinierung der Sinne bezeichnet, durch die man die Fähigkeit entwickelt, jede Daseinsdimension mit gesteigerter Sensibilität zu erleben. Das wurde in Blütezeiten seit jeher vom Mönchstum in jeder Tradition betont. Für einen wahrhaft aufnahmebereiten Gaumen ist Quellwasser sehr wohlschmeckend.

Richtig verstanden bedeutet Askese üben. Das Wort kommt vom griechischen askesis, dem Üben der Athleten. Wenn wir Lebensqualität suchen, dann üben wir, entwickeln Methoden, verfeinern unsere Sprache, achten auf unsere Bewegungen und ernähren uns sorgfältiger. So geschieht es auch mit unserem spirituellen Wachstum. Wer sich beispielsweise besser ernähren will, muss vielleicht auf Dinge verzichten, die gut schmecken oder sonst verlockend sind. Wem aber etwas am Gesundsein liegt, wird daran arbeiten, wird seine Ernährung verbessern, wird vielleicht sogar seinen Geschmack verändern und bald feststellen, dass man dabei auf nichts verzichten muss, was man wirklich braucht. So geht es auch bei der Askese. Der erfahrene Läufer, der gesunde Feinschmecker, der Musikvirtuose, der meisterhafte Gärtner ‒ jeder, der aus Leidenschaft für Spitzenleistungen auf irgendeinem Gebiet eine disziplinierte Kunst daraus macht ‒ verzichtet gern auf einiges, um durch Übung eine Vollkommenheit zu erlangen, die eine außerordentliche Vitalität und Freude zur Folge hat. [ST 20f., Quelle: MS 5) 56-58]



Quellenangaben

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