LEBENSTHEMEN und SCHLÜSSELBEGRIFFE

LEBENSTHEMEN und SCHLÜSSELBEGRIFFE

Text, Video und Audios von Br. David Steindl-Rast OSB

«Heimat bist letztlich nur Du mir,
denn nur im großen Geheimnis
sind wir wirklich daheim.

Wir sind daheim in Dir wie Kinder
in der Blumenwiese am Hang hinterm Haus;
wie junge Schwalben im Nest;
wie Fische im Teich.

Und dennoch sehnen wir uns nach Dir
wie Kindersoldaten, die, ihre Gewehre
umklammernd, heimlich weinend einschlafen
und von daheim träumen.

Du bist für uns,
was Heimat für Flüchtlingskinder ist,
die in der Fremde aufwachsen
und nach und nach vergessen,
was gemeint ist mit diesem Wort.

Lass mich nicht vergessen,
was es bedeutet,
in Dir Heimat zu haben.

Von Dir komme ich ja
und zu Dir bin ich auf dem Weg.

Lass mich niemals vergessen,
dass mein Lebensweg Heimweg ist,
dass alles Weh im Grunde Heimweh ist.

Und wenn Du mich abberufst,
lass mich freudig gehen,
denn ich geh ja nach Hause.
Amen.»
[1]

«Weg und Ziel zeigst Du mir nicht nur an,
Du großes Geheimnis im Herzen des Lebens,
Du  b i s t  mir beides.

Als Weg erfahre ich Dich
am richtungsweisenden
Fließweg
des Lebens, dem ich mich anvertrauen darf
wie ein Schwimmer dem Strom.

Als Ziel erkennt Dich
die Strömung in meinem Inneren
mit ihrem geheimnisvollen Sog,
der mir zuraunt: ‹Heim zum Vater!›

Lass mich nicht erschlaffen beim Schwimmen,
nicht schlapp dahintreiben wie Schwemmholz,
sondern
wendig werden wie ein Fisch.

Mach mich achtsam für den leisesten Hinweis,
den mir das Leben ‒ den D u mir gibst.

Und lass mich täglich fröhlicher werden,
weil ich ja auf dem Heimweg bin zu Dir.
Amen.»

(Bruder David: ‹Heimat› und ‹Weg›)[2]

«Alles, worauf es ankommt, ist, eins zu sein mit dem
lebendigen Gott,
ein Geschöpf zu sein im Haus des Gottes des Lebens.
Wie eine Katze, die auf einem Stuhl eingeschlafen ist,
friedlich, in Frieden
und eins mit dem Herrn des Hauses, mit der Herrin,
daheim, daheim im Haus des Lebendigen,
schlafend am Herd und gähnend am Feuer.

Schlafend am Herd der lebendigen Welt,
gähnend daheim vor dem Feuer des Lebens
und die Gegenwart des lebendigen Gottes fühlend
wie eine unerschütterliche Gewissheit,
eine tiefe Ruhe im Herzen,
Gegenwart
des Herrn, der am Tisch sitzt
in seinem eigenen größeren Sein
im Hause des Lebens.»

(D. H. Lawrence: PAX)

Indem wir uns vom Herdfeuer durch und durch wärmen lassen; indem wir zulassen, dass uns die Wärme ein Gefühl von zuhause vermittelt; einfach dadurch, dass wir «daheim» sind, «daheim im Haus des Lebendigen.»

In einer von der Liebe erwärmten Welt gibt es keine Kluft zwischen Himmel und Erde. Das «Haus des Lebens» ist das «Haus des Gottes des Lebens.»

«Gottes Gegenwart im Haushalt der Erde ist Gegenwart
des Herrn, der am Tisch sitzt
in seinem eigenen größeren Sein
im Hause des Lebens.»

Wenn wir uns den Erdhaushalt[3] als unseres himmlischen Vaters «eigenes größeres Sein» vorstellen, dann wird uns das jedes Steinchen, jeden Grashalm, jeden Käfer mit Ehrfurcht betrachten ‒ und entsprechend behandeln lassen.

Dann wird Liebe ihre Zu- und Abneigungen ebenso leicht nehmen, wie wahrer Glaube seine Überzeugungen und wirkliche Hoffnung ihre Hoffnungen.

Schließlich, welchen Unterschied machen Zu- und Abneigungen schon, wenn «alles, worauf es ankommt, ist, eins zu sein mit dem lebendigen Gott»?

Jene, die wir mögen und die, die wir nicht mögen, sind gleichermaßen «daheim im Haus des Lebendigen.» Wir gehören alle zusammen. Wir können alle zusammen in Frieden leben, sobald wir unserem tiefsten Sehnen folgen und zu unserem Herzen nach Hause kommen.

Hier stoßen wir auf das Mysterium des Herzens.
Das Herz ist unser Zuhause.

Einer der Sprecher in Robert Frosts «Death of a Hired Man» sagt:

«Alles hängt davon ab,
was du unter Zuhause verstehst»,

Und seine Antwort ist:

«Dein Zuhause ist der Ort,
wo man dich aufnehmen muss,
Wenn du es brauchst.»

Worauf der Gesprächspartner antwortet:

«Ich hätte es eher als das bezeichnet,
Was man sich nicht erst irgendwie verdienen muss.»
[4]

Unter beiden Gesichtspunkten ist das Herz das Zuhause, der Ort, wo wir hingehören. Wir gehören dort hin, weil es der richtige Platz für uns ist, ganz gleich, wie sehr wir uns ihm entfremdet haben.

Und wenn wir einmal da sind, dann gehören wir dazu, denn das, was ein Zuhause ausmacht, ist, dass jeder zu allen gehört und alle zu jedem.

«Zuhause ist, von wo wir beginnen»,[5]

sagt T.S. Eliot.

Und das heißt, dass Liebe nicht nur das Ende, sondern der Anfang von allem ist.[6]

Werner Bergengruen sagt in einem seiner überschäumendsten Gedichte: «Poeta Creator»[7]

«… Alle Dinge fügte ich
an den rechten Platz
selbst den bernsteinfarbnen Strich
in das Aug der Katz.

Schuf ich alles dir zu Sinn,
alles dir zugut,
nimm die Welt willfährig hin
und mit hellem Mut.

Weil ja Liebe sie entwarf
bis zum ärmsten Keim,
nichts ist, was dich schrecken darf,
und du bist daheim.»

Wir sind daheim in dieser Welt, und das Kind in uns weiß es. Als Kinder zweifelten wir nicht einen Augenblick daran, dass Liebe diese Welt entwarf. Darum blickten unsere Augen noch «mit hellem Mut». Wir hatten eben noch den Mut, die Welt arglos dankbar als das zu erkennen, was sie ist, als Gabe. Was verdüstert uns dann heute so oft hellen Mut und hellen Blick? Furcht. Wir fürchten, uns auf die Güte des großen Gastgebers zu verlassen; Furcht, uns ehrfürchtig vor dem Geber zu neigen. Wir haben Furcht vor der Ehrfurcht. Und warum? Weil die Ehrfurcht Gott jene Mitte zugesteht, die wir uns so gerne selber anmaßen. Gerhard Terstegen hat mit wenigen Worten zielsicher auf das Entscheidende an der Ehrfurcht hingewiesen: Nicht wir sind in der Mitte, sondern Gott.

«Gott ist gegenwärtig; lasset uns anbeten
Und in Ehrfurcht vor ihn treten!
Gott ist in der Mitte …»

Wir müssen wählen zwischen Ehrfurcht und Furcht. Wer nicht den Mut zur Ehrfurcht hat, der fällt unweigerlich existentieller Angst zum Opfer. Nur die Ehrfürchtigen sind daheim in dieser Welt und wissen es.[8]

«Von deinen Sinnen hinausgesandt,
geh bis an deiner
Sehnsucht Rand.»

(Rilke: ‹Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht›:
Das Stunden-Buch)

Das Kind in uns kann kaum warten, bis wir ihm erlauben, sich, von seinen Sinnen hinausgesandt, bis an seiner Sehnsucht Rand zu wagen. Sobald wir aber nur einmal damit anfangen, führt schon ein Schritt zum nächsten. Wir dürfen uns da auf unser eigenes Erleben verlassen. Darauf kommt es ja schließlich an. Denn, was nicht im Erleben wurzelt, ist ja nur Scheinwissen.

Was aber ist diese Sehnsucht?
Ist sie nicht letztlich Heimweh?
Heimweh nach jenem Urquell von Sinn,
den wir Gott nennen.
Und der quillt in unserem innersten Herzen auf.[9]

Augustinus ist bekannt durch zwei Sätze, die scheinbar im Widerspruch zueinander stehen. Einerseits sagt er:

«In meinem innersten Herzen ist Gott mir näher
als ich mir selbst bin,

weil Gott das Selbst meines Selbst ist.»

Aber derselbe Augustinus sagt andererseits, und dieses Wort ist noch besser bekannt:

«Ruhelos ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir, o Gott.»

Nur in Gott, als dem Urquell von Sinn, findet unser rastloses Herz Ruhe.

Das Paradox des Menschenherzens drückt sich aus im scheinbaren Wiederspruch zwischen diesen beiden Sätzen des großen Heiligen.

Daheimsein in Gott und immer auf der Suche sein nach Gott;
in dieser Spannung erfahren wir Gott,
erfahren wir das Leben,
leben wir das Paradox.
Und im Paradox erfahren wir Sinn.

Paradox ist das, was der allgemein üblichen Meinung widerspricht. So widerspricht es der allgemein üblichen Meinung, dass Sinnen über Denken hinausgeht. Es ist aber so, weil Leben über Logik hinausgeht. Leben widerspricht zwar nicht der Logik, geht aber weit über sie hinaus.[10]

Pascal hat dieser Tatsache ihren bleibend gültigen Ausdruck gegeben:

«Le coeur a ses raisons, que la raison ne connaît point» ‒
«Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt.»

Nur unser mystisches Erleben kann diese Gründe ausloten; nur in dichterischer Sprache dürfen wir wagen, davon zu reden.

Die Sinne senden uns hinaus. Und nur so können wir dahin kommen, wo wir immer schon sind. Unsere Ausfahrt zum äußersten Rand unserer Sehnsucht ist Heimkehr zur Herzmitte.[11]

Aus meiner Kindheit in Erinnerung geblieben ist mir unsere bucklige Nachbarin, Frau Schliffsteiner. Sie konnte wirklich mit dem Rindvieh reden, aber auch mit Katzen und Hunden, mit ihren Ziegen, mit Spatzen, Tauben und Krähen, mit den Kröten im Garten und den Topfpflanzen auf ihrem Fensterbrett. Vor allem aber konnte sie mit allen Arten von Menschen reden: von Kurtl, dem gutmütigen Dorftrottel, bis zum Herrn Oberlehrer unserer zweiklassigen Volksschule, und der war wirklich jemand (er konnte sogar Klavier spielen).

In aller Einfachheit begegnete sie jedem als einem Mitglied ihrer großen Familie, zu der ganz selbstverständlich auch Tiere und Pflanzen gehörten. Sie schien deren Geheimnisse zu kennen. Sie wusste über Kräuter Bescheid, aus denen sich Tee gegen dieses oder jenes Leiden bereiten ließ, und über die Blätter, die zur Heilung halfen, wenn wir Buben uns wieder einmal in den Finger geschnitten hatten. Früher hätte man sie wohl der Hexerei verdächtigt, sie war aber jedenfalls eine gute Hexe, eine weise Frau.

Ihre Nachbarn tranken gern Kaffee mit ihr und erzählten ihr stundenlang von allem, was ihnen auf dem Herzen lag. Nachher fühlten sie sich immer erleichtert. Eines steht jedenfalls fest: Niemand kam um ihres Kaffees willen, denn der war ein jämmerliches Gebräu aus allerhand Zusätzen und den wenigen Kaffeebohnen, die sie sich leisten konnte.

Was sie ihren Gästen gab, war ein Gefühl des Daheimseins. Bei ihr konnte man die heilsame Luft des Common Sense atmen. Das ist es ja, was wir zur Heilung von Leib, Seele und Geist brauchen. Ein indisches Sprichwort drückt es so aus: «Ein Viertel Medizin und drei Viertel Common Sense.»[12]

Wenn wir wirklich schauen lernen mit dem Herzen, dann schauen wir auf die Welt wie sie ist und schauen nicht weg, wenn es uns nicht gefällt. Wir müssen Dinge ins Auge fassen, die wir eigentlich nicht gerne sehen. Wir werden vielleicht das Weinen der Welt hören. Das Weinen der Unterdrückten. Wir werden vielleicht riechen, dass etwas faul ist im Staate Dänemark. Wir werden, wenn wir uns zu Tisch setzen, das Salz der Tränen kosten, das mit aus der Dritten Welt importiert wird mit unseren Lebensmitteln. Wir werden ‒ wenn wir wirklich ehrfürchtig fühlen lernen, das heißt, uns auch wirklich berühren lassen von dem, was wir berühren ‒, dann werden wir zutiefst berührt werden, auch von dem Elend der Welt. Nicht nur von allem Schönen. Von allem Schönen und von allem Schweren und allem Schrecklichen das es in unserer Welt gibt. Und das fällt uns sehr schwer. Es ist aber eine große Aufgabe für uns alle.[13]

[Quellenangaben zum obigen Text in Anm. 1f., 6, 8-13]

[Ergänzend:

1. D. H. Lawrence: «PAX»

1.1. Dem Welthaushalt freudig dienen (2011)
Spiritualität und Ökologie:
(27:22) Wenn das Leid der Welt uns überwältigt / (32:11) Bruder David schließt mit seiner deutschen Übersetzung des Gedichtes PAX von D. H. Lawrence und Ausklang mit Musik von Hannelore und Br. Thomas

Siehe auch Gott ‒ ‹mein Gott›: Haupttext und Ergänzend: 1.1. und Religiosität ‒ Staunen und Ehrfurcht: Ergänzend: 2.3.

1.2. Bruder David in Dankbarkeit als Schlüsselwort benediktinischer Spiritualität (2019):

«Das Wort ‹pax› will diese Lebensfülle ausdrücken – den Frieden, den der Mönch suchen und dem er nachjagen soll (RB Prol 17). ‹Pax› ist zugleich das verbreitetste Benediktinermotto. Das Grünen üppiger Lebensfülle ist es, was das hebräische Wort ‹schalom› und so auch ‹pax› dem Mönch als Ziel vor Augen führt. Die Lebensfülle, die einem dankbar gehorsamen Leben entspringt – diese ‹pax benedictina› ‒ ist die saftige ‹viriditas› der heiligen Hildegard von Bingen. Besucher in einem Benediktinerkloster sollten sie fühlen. Wem Lebensfülle zu idyllisch klingt, der darf an das Herrenwort bei Johannes (10,10) denken:

‹lch bin gekommen, damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben.›

Zur Fülle des Lebens gehören auch seine erschütterndsten Abgründe. Darum warnt uns Abraham Joshua Heschel (1907-1972), der weiß, worauf sich unser Gottvertrauen einlässt:

‹Gott ist nicht nett; Gott ist kein Onkel; Gott ist ein Erdbeben.›»

2. Heimweg, Heimgehen, Heimweh

2.1. Andreas Salcher im Gespräch mit Bruder David (2021); siehe die Übersicht über die Themen des Gesprächs (2021):

(02:17) «Nach einleitenden Worten von Andreas Salcher hören wir von Bruder David, dass die 80er Jahre die glücklichste Zeit in seinem Leben waren und er allen, die auch in dieses Alter kommen, Mut machen will für dieses Jahrzehnt. In den 90er Jahren spürt er das Altern Tag für Tag:

(03:56) Ich kann jedem Menschen nur empfehlen, sich an dem zu freuen, was es noch gibt und das ist immer noch sehr viel, wofür man dankbar sein kann. Und ich denke halt nicht an alt werden ‒ das ist für mich nicht ein angenehmer Begriff, ich denke an den Heimweg.

Dieses Bild gefällt mir und spricht mich an:

‹Jede Traurigkeit des Menschen
ist eigentlich Heimweh nach dem Himmel› (Léon Bloy);

und was man sich dabei vorstellen kann ‒ man stellt sich besser nichts vor, weil wir eben nichts wissen ‒, aber die Idee von heimgehen ‒ man hört ja immer wieder dieses Wort ‹heimgegangen› ‒, ‹heimgehen›: was immer das bedeutet für einen, das gefällt mir. Das fühlt sich auch richtig an und positiv.»

2.2. Wie wir sinnvoll leben können in der Advents- und Weihnachtszeit (2011)
Vortrag:
(13:52) Wie wir Stille finden können, wenn Lärm und Geräusche uns stören / (17:47) Die Tiefe des menschlichen Herzens, diese Tiefe liegt hinter allem: diese sehr tiefe Traurigkeit, die gehört dazu, und das Heimweh der Menschen liegt am Grund von allem Lärm

Siehe auch Stille zulassen: Ergänzend: 2. und Anfängergeist: Ergänzend: 2.3.

3. ‹Nichts ist, was dich schrecken darf, und du bist daheim› (Werner Bergengruen)

3.1. Video Wir sind daheim in dieser Welt (1975) und Transkription:

(41:26) «Diese Offenheit der Welt gegenüber von der wir hier sprechen, ist etwas so Wunderschönes, so Anziehendes, dass man sich wundern muss, warum wir uns so oft davor verschließen, warum wir nicht so leben, einfach im Alltag, warum man das üben muss. Und die einzige Antwort, die ich finden kann, ist, dass wir uns fürchten. Es kostet uns zu viel, uns dem auszusetzen. Wir wollen auswählen. Wir wollen uns nur dem aussetzen, was uns gut gefällt. Daher verschließen wir uns. Daher engen wir unsern Gesichtskreis ein. Angst verengt uns überhaupt. Angst verengt schon die Blutgefäße. Angst hat zu tun mit Angina, ángina: mit Enge: mit der inneren Enge, mit dem nicht atmen können. Es hat aber auch zu tun mit der Enge des Geburtskanals, durch den wir durchmüssen, um wirklich das Licht der Welt zu sehen, um geboren zu werden. Und das verlangt ungeheuren Mut von uns.

Dieser Mut, dieser Lebensmut, dieses gläubige Vertrauen in das Leben, das heißt im religiösen Sprachgebrauch Glaube. Und der Glaube ist eben einfach diese Offenheit dem Leben gegenüber, diese Bereitschaft für alles, was uns entgegenkommt. Dieses tiefe Vertrauen in die Welt, in das Leben und in den Urgrund und die Quelle des Lebens: Gott, wenn wir es so nennen wollen.»

3.2. Audio Mit allen Sinnen leben (1993)
Vortrag:
(45:17) Wo wir uns vor nichts fürchten müssen: Bruder David schließt mit den letzten Zeilen des Gedichts ‹<Poeta Creator› von Werner Bergengruen

3.3. Dem Welthaushalt freudig dienen ‒ Spiritualität 2011
(29. April 2011) Dem Welthaushalt freudig dienen:
(12:23) Nur mit existentiellem Mut, mit Vertrauen können wir uns dem Universum als Erdhaushalt zuwenden, in dem wir Ordnung und Zugehörigkeit finden und uns darin daheim fühlen

Siehe auch Hausverstand: Ergänzend: 4.

3.4 Im Buch Orientierung finden (2021): ‹Geheimnis ‒ wenn uns die Wirklichkeit ergreift›, 46:

«‹Geheim› bedeutet ursprünglich ‹zum Heim gehörig›.

Geheimnis bezeichnet dann, was der Hausgemeinschaft selbstverständlich ist, Fremden oder Entfremdeten aber unverständlich bleibt, also ‹geheim›.

Das Wort eignet sich dazu, auf jenes allverbindende Unaussprechliche hinzuweisen, das uns Menschen zuinnerst vertraut ist, uns aber nur in dem Maße bewusst wird, in dem wir als Angehörige des allumfassenden Erdhaushaltes denken, fühlen und handeln. Ein solches Denken ist nichts andres als gesunder Menschenverstand und heißt im süddeutschen Sprachraum mit einem treffenden Wort auch Hausverstand:

Spirituell gesunde Menschen verstehen den geheimnisvollen Kosmos, in dem wir leben, als ihr Zuhause, ihr Daheim.

Und dieses Verständnis bestimmt, wie sie leben: Sie orientieren sich an ihrer Zugehörigkeit zum Erdhaushalt und fühlen sich darin zuhause. Darum sind sie auch furchtlos und vertrauensvoll, denn

‹Nichts ist, was dich schrecken darf,
und du bist daheim›,

wie der Schriftsteller Werner Bergengruen (1892-1964) sein Vertrauen ausdrückt, dass wir im unergründlichen Geheimnis ein Heimrecht haben.»

ERDHAUSHALT, in: Das ABC der Schlüsselworte, im Buch: Orientierung finden (2021), 134f.:

«Erdhaushalt ist ein Ausdruck, den der Dichter und Umweltaktivist Gary Snyder (*1930) geprägt hat. Dieses Wort veranschaulicht, dass unsre Umwelt zugleich Mitwelt ist, der wir uns verwandt fühlen dürfen und von der wir ernährt werden. Statt Umwelt Erdhaushalt zu denken und zu sagen, verändert ganz von selbst unsre Haltung, was zugleich zeigt, welche Wirkkraft Worte besitzen.»]

_________________ 

[1] Bruder David: Erwachende Worte (2023): ‹Meditative Gebete›: ‹Heimat›, 47

[2] Ebd. ‹Weg› 39; siehe auch Gewissen

[3] Siehe in Ergänzend: 3.4. und in Erlösung ‒ Sünde und Heil: Anm. 8

[4] Robert Frost: ‹The death oft the hired man›:

«‹Home is the place where, when you have to go there,
They have to take you in.›

                                                                                       ‹I should have called it
Something you somehow haven’t to deserve.›»

[5] T. S. Eliot: ‹Four quartets›: ‹East Coker›, V:

«Home is where one starts from.»

[6] Dankbarkeit: Das Herz allen Betens (2018), 159-162 [bzw. Fülle und Nichts (2015), 148-151, 160-163

[7] Werner Bergengruen (1892-1964): ‹POETA CREATOR, Ein Glückwunschgedicht›. In: ‹Die heile Welt: Gedichte›, Zürich, im Verlag der Arche 1952, 158-162; siehe auch im Buch HerzWerk: ‹Freude an den Sonetten von Orpheus›, 163, in Wandlung ins Übersinnliche

[8] Die Achtsamkeit des Herzens (2021), 54-57; siehe auch Ehrfurcht: Ergänzend: 3.

[9] Ebd. 40 und 36; siehe auch Sehnsucht

[10] Vortrag Im Paradoxen Sinn erfahren, abgedruckt im Buch Aufwachsen in Widersprüchen (1990), 60f.

Siehe auch das Audio des Vortrags in Aufwachsen in Widersprüchen (1989)
Im Paradoxen Sinn erfahren

Vortrag:
(05:08) Im Herzen sind wir allein und zugleich all-eins / (07:55) Daheimsein in Gott und immer auf der Suche nach Gott (Augustinus)

[11] Credo: Ein Glaube, der alle verbindet (2015): ‹Ich glaube an Gott›: ‹Persönliche Erwägungen›, 31

[12] Bruder David in seinem Buch: Common Sense (2014): ‹Was ist Common Sense?›, 26f.; siehe auch Common Sense und Hausverstand

[13] Der letzte Abschnitt in der Transkription des Videos Wir sind daheim in dieser Welt (1975) siehe ab (37:34); siehe auch Wandlung ins Übersinnliche



Quellenangaben

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