Hausarbeit für das Sommersemester 2021 der Evangelischen Hochschule Tabor/TSB, B.A. Theologie, Sozialraum und Innovation, Berlin, zum Thema Dankbarkeit als Transferübung. Diese Übung wurde im Rahmen eines Seminars über Selbstmanagement für Studienanfänger durchgeführt.

Inhalt

Warum Dankbarkeit als Transferübung?
Methoden
21 Tage voller Erfahrung
Dankbarkeitstagebuch
ABC-Spiel der Dankbarkeit
„Dankbar leben-Gruppe“
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis

„To be grateful ist to recognize the love of God in everything“                  (Thomas Merton)

Warum Dankbarkeit als Transferübung?

Es gibt mehrere Gründe, weshalb ich Dankbarkeit als Transferübung gewählt habe:

  1. Ich will keine verbitterte alte Frau sein oder werden und meine Entscheidungen und verändertes Denken sind hier entscheidende Faktoren.

“Gratitude and attitude are not challenges; they are choices.”  Robert Braathe

  1. Dankbarkeit ist eine Form der Resilienz. In dem Model „die sieben Säulen der Resilienz“ ist das unter der Säule Optimismus zu finden.[1]
  1. Die Bibel fordert uns auf dankbar zu sein:

„Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.“ (1.Thess.5,18 LU)

  1. Die Jesuiten boten mitten in der Pandemie ein kleines Tagebuch an, mit dem Motto: „Trotzdem dankbar“, eine Kampagne gegen die Krisenstimmung[2]. Das hat mich sehr angesprochen. Die ignatianische Spiritualität beinhaltet im täglichen Tagesrückblick dankbar den Tag zu reflektieren.

Methoden

Ich habe in den 21 Tagen schwerpunktmäßig drei Tools genutzt, um Dankbarkeit einzuüben.

  1. App Dankbarkeit Tagebuch (von apple)

Jeden Abend tippte ich, in Anlehnung an die ignatianische Spiritualität, fünf Dinge in die App wofür ich dankbar war. Das Schöne an der App ist, dass die Eintragungen auch über Email oder WhatsApp weitergeleitet werden können.

  1. ABC-Spiel der Dankbarkeit[3] des Benediktiner David Steindl-Rast OSB

Er selbst beschreibt es folgendermaßen: „Das Dankbar leben-ABC ist eine Übung, die ich manchmal – etwa im Wartezimmer meines Zahnarztes – anwende: Ich gehe durch das Alphabet und notiere für jeden Buchstaben das erste Wort, das mir in den Sinn kommt. Dann versuche ich, eine Verbindung zwischen diesem Wort und meiner dankbaren Lebensweise herzustellen. Es ist eine Art Spiel, das ich mit mir selbst spiele.“[4]

  1. Virtuelle deutschsprachige „Dankbar Leben“ Gruppe

Teilnahme Dienstagabends von 18.00 -19.30 Uhr. Auf der Webseite steht dazu: „Intention: Vor dem Hintergrund von «dankbar sein» oder der «Gelegenheit dazu» im virtuellen Kreis sitzen, hineinhören, sich essentiell mitteilen, stärken und bestärken, grenzenlos.“[5]

21 Tage voller Erfahrung

Dankbarkeitstagebuch

Täglich, in der Regel am Abend, überlegte ich wofür ich an diesem Tag dankbar war. Ich schrieb dann fünf Punkte in mein virtuelles Dankbarkeitstagebuch. Normalerweise bevorzuge ich das manuelle Schreiben (und habe parallel ein manuelles Tagebuch geführt), aber in diesem Fall entdeckte ich, dass das virtuelle Tagebuch mit dem fortlaufenden Kalendarium und dem schlichten Layout ein geeignetes Tool für mich war. Es entspricht einem Notizzettel oder einer kleinen Liste.

Hier ein Beispiel vom 10.06.2021:

Heute bin ich dankbar für:

  • Einen guten Tag in der Kita
  • Fruchtbares Gespräch mit der Kitaleitung
  • sauberes Wasser
  • Seife
  • Belegte Brötchen
  • Das ABC Dankbarkeitsspiel

Es war etwas Besonderes für Seife zu danken. Ich unterstütze eine kleine NGO, die in den Slums von Kampala, Uganda aktiv ist. Teenagermütter nähen Masken und stellen Seife her. Diese verteilen sie unter den Armen.  Die NGO „Hoffnung für Uganda“ zeigte ein Foto auf Facebook, wo eine alte Frau ein Stück Seife in ihren Händen haltend Gott dafür dankt.

kerstin kuenDieses Bild[6] hat mich berührt und erschüttert. Seife ist so selbstverständlich für mich, dass ich nicht auf die Idee kam für Seife zu danken. Diese arme, mir unbekannte Frau wies mich durch ihr Handeln darauf hin.

Bei dem Einüben von Dankbarkeit erging es mir, wie bei dem Sozialraumpraktikum. Ich stellte fest, dass mir meine Umgebung so vertraut war, dass ich wie mit Scheuklappen durch die Gegend lief und ich erst wieder bewusst sehen lernen musste. Vieles, wie Essen, Trinken, Hygiene, medizinische Versorgung ist so selbstverständlich und alltäglich für mich. Ich denke nicht darüber nach. Ich will lernen diesen Reichtum in meinem Leben zu sehen, wertzuschätzen und dafür dankbar sein.

Dank weiterleiten Das Schöne an der DankbarkeitsApp ist, dass man die täglichen Eintragungen weiterleiten kann. So habe ich zum Beispiel am Geburtstag meiner besten Freundin meine Dankbarkeit aufgeschrieben und den Eintrag per WhatsApp mit einer persönlichen Nachricht weitergeleitet.

Ich wurde während der Transferübung krank, aber es war mir möglich, jeden Tag meine fünf Gründe der Dankbarkeit in die DankbarkeitsApp einzutragen.

ABC-Spiel der Dankbarkeit

Ich informierte mich im Internet zum Thema Dankbarkeit und entdeckte dabei auch die Homepage Dankbar-leben.org, die sich auf die Spiritualität der Dankbarkeit des Benediktiner David Steindl Rast OSB beruft. Hier werden auch Übungen für den Alltag vorgestellt. Am meisten sprach mich das ABC-Spiel der Dankbarkeit an. Dankbarkeit und Verspieltheit – was für eine göttliche Idee.

Das erste Mal wandte ich das Spiel im Bus 85 auf dem Weg zur Hochschule an. Ich ließ mich dabei auch von meiner Umgebung inspirieren. A- für Apotheke, B- für BVG. Manche Begriffe sah ich, wenn ich aus dem Busfenster schaute, andere fielen mir beim Nachdenken ein. Das Spiel machte mir Freude, weil es einerseits eine klare Vorgabe hat, andererseits mir viel Freiheit gibt. Es hilft die Gedanken zu fokussieren und wenn die Gedanken entgleiten, kann das Spiel bei dem letzten Buchstaben des angewandten Dankes weitergeführt werden.

Ein anderes Mal spielte ich das Spiel auf dem Weg zur Kita nach Hellersdorf. Ich lief gerade die Treppen im Hauptbahnhof hinunter, da sah ich einen Mann mit einem Homie-Tshirt. Sofort begann ich für H-Homeboy Industries zu danken. Ich ging zurück zu G-Greg Boyle, der seit Jahrzehnten unter den Gangs von Los Angeles dient und durch die Schaffung von Arbeitsplätzen die jungen Gangmitglieder wieder rehabilitiert. Ich nutze das Abc wie eine Klaviertastatur auf der ich rauf und runter spiele. Ich folge dem roten Faden des ABC, aber wenn mich bestimmte Begriffe ansprechen und andere Begriffe dazu passen, nutze ich sie, um meine Dankbarkeit Gott gegenüber zu kommunizieren. Jedes Mal variiert das ABC-Spiel. Es hängt mit meiner Umgebung und mit dem was mich beschäftigt zusammen. Ich wusste nicht wieviel Gründe es zum Danken gibt.

Wem oder was bin ich dankbar? Wenn ich mich über das Thema Dankbarkeit informiere, stelle ich häufig fest, dass Dankbarkeit im luftleeren Raum steht. Einfach dankbar sein ohne einen direkten Bezug. Manche richten ihren Dank an das Universum.

Der Benediktiner David Steindl Rast OSB versteht unter Dankbarkeit eine Haltung der dialogischen Achtsamkeit.

Als erstes gilt mein Dank gegenüber dem Gott, der mich geschaffen hat und mein Leben führt und als zweites meinen Mitmenschen gegenüber. Dankbarkeit geht mit seinem Gegenüber in den Dialog und drückt seine Wertschätzung aus. Alles ist ein Geschenk. Alles ist Beziehung.

Während meiner Erkrankung habe ich das Spiel weniger gespielt.

„Dankbar leben-Gruppe“

Im Rahmen meiner Recherchen über Dankbarkeit stieß ich auch auf das Netzwerk der Europäischen „Dankbar Leben - Gruppen“. Die Gruppen orientieren sich an die Spiritualität der Dankbarkeit des Benediktiners David Steindl Rast OSB. Einmal wöchentlich trifft sich die deutschsprachige Gruppe für 90 Minuten im virtuellen Raum. Bei meinem ersten Besuch wurde ich gleich herzlich begrüßt und mir wurde der Ablauf des Treffens vorgestellt und erklärt. Es sind überwiegend ältere Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus Deutschland, Österreich und Schweiz. Ich fühlte mich sofort wohl und hatte das Empfinden mit der Gruppe bereits gemeinsam einen schönen Urlaub verbracht zu haben. Jedes Treffen beginnt nach einem kurzen Input mit einer Zeit der Stille. Ich war erstaunt, dass gemeinsame Stille auch per Zoom möglich ist. Die Gruppe wird dann in virtuelle Räume aufgeteilt, damit die Größe der Gruppe zum Austausch überschaubar ist. Es folgt ein Dialog nach den Regeln, aus dem Herzen sprechen, aus dem Herzen zuhören, keine Diskussion oder Debatte, essentiell sein und sich kurzfassen. Das virtuelle Treffen endet in der großen Gruppe wieder mit einer kurzen Zeit der Stille.

Jeder Beitrag wird respektvoll und dankend aufgenommen. Jeder gibt etwas in die Runde und jeder kann sich von dem Gesagten das mitnehmen, was für ihn wichtig ist. Miteinander wird Stille und Dankbarkeit eingeübt. Vor der Transferübung hatte ich Stille und Dankbarkeit nicht miteinander in Verbindung gebracht. Aber es macht Sinn, wenn Dankbarkeit dialogische Achtsamkeit ist, braucht es den Raum des Hörens und Wahrnehmens.

Ich erlebe in dieser Gruppe ein bewusstes sich auf den anderen einlassen, eine große Wertschätzung und Dankbarkeit gegenüber Gott und der Welt. Trotz virtuellen Raum ist nichts anderes wichtiger. Ich bin sehr beeindruckt von der Gruppe. Diese wöchentlichen Treffen haben meine Transferübung sehr bereichert. Es ist faszinierend zu sehen, dass Menschen sich gemeinsam auf den Weg machen, um Dankbarkeit einzuüben. Dankbarkeit ist keine persönliche Sache, sondern es geht um Begegnung. Das habe ich neu gelernt.

Zusammenfassung

Abschließend lässt sich sagen, die Transferübung hat mich sehr bereichert. Ich behalte mein Dankbarkeitstagebuch to go – Tagebuch als App. Ich habe ein neues Spiel gelernt, das ich überall und zu jeder Zeit spielen kann. Und ich werde auch regelmäßig die virtuelle Dankbarkeitsgruppe besuchen. 

Im Großen und Ganzen ist mir die Transferübung leichtgefallen. Während meiner Erkrankung lief die Transferübung etwas niederschwelliger, nutzte das ABC-Spiel weniger, der tägliche Eintrag ins Tagebuch wurde oberflächlicher abgearbeitet, aber durchgehalten.

Danke – was für ein wertvolles Wort.

Meister Eckhart, Theologe und Philosoph sagte: „If the only prayer you said in your whole life is thank you, that would suffice.[7]

 

[1] https://www.resilienz-akademie.com/sieben-saeulen-der-resilienz/
[2] https://www.jesuiten.org/news/dankbarkeitskampagne-als-antwort-auf-krisenstimmung
[3] https://www.dankbar-leben.org/inspiration/uebungen-fuer-den-alltag/das-abc-spiel-der-dankbarkeit/
[4] https://www.dankbar-leben.org/inspiration/uebungen-fuer-den-alltag/das-abc-spiel-der-dankbarkeit/
[5] https://www.bibliothek-david-steindl-rast.ch/blog/1976-jeden-dienstag-abend-virtueller-offener-raum-fuer-alle

[6] Facebook/Amy Moreno Heymann, mit Erlaubnis
[7] https://www.goodreads.com/quotes/81720-if-the-only-prayer-you-said-in-your-whole-life


Literaturverzeichnis

https://www.resilienz-akademie.com/sieben-saeulen-der-resilienz
https://www.jesuiten.org/news/dankbarkeitskampagne-als-antwort-auf-krisenstimmung
https://www.dankbar-leben.org/inspiration/uebungen-fuer-den-alltag/das-abc-spiel-der-dankbarkeit/
https://www.bibliothek-david-steindl-rast.ch/blog/1976-jeden-dienstag-abend-virtueller-offener-raum-fuer-alle
https://www.dankbar-leben.org/inspiration/uebungen-fuer-den-alltag/das-abc-spiel-der-dankbarkeit/
https://www.goodreads.com/quotes/81720-if-the-only-prayer-you-said-in-your-whole-life

 

Kerstin Kühn, Berlin, 06. Juli 2021


Quelle: Dankbarkeit als Transferübung

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