Presseportrait über David Steindl-Rast OSB in Katholische Presseagentur Österreich von Robert Mitscha-Eibl

spiritueller lehrer auch mit 95 jahren titelCopyright © - Klaudia Menzi-Steinberger

Der Benediktinerbruder David Steindl-Rast, gebürtiger Wiener und Weltbürger, ist für viele eine der großen spirituellen Gestalten der christlichen Welt der Gegenwart. Der vielfache Buchautor schöpft in seiner Mystik nicht nur aus christlichen, sondern auch aus östlichen und anderen Quellen. Das zeigt auch sein jüngstes Werk, das er unter dem Titel Orientierung finden  als «Vermächtnis zum 95. Geburtstag» vorgelegt hat. Seinen Geburtstag feiert der Ordensmann am 12. Juli. Auch im Spätherbst seines Lebens erweist sich Steindl-Rast darin als ein spiritueller Lehrer mit einem guten Gespür für den religiösen Skeptizismus der Gegenwart und gibt Antwort auf die Frage: «Wie können wir in einer sich rasch ändernden Welt Halt finden?»

Der oft zwischen dem Europakloster Gut Aich in St. Gilgen und Übersee pendelnde Ordensmann sagt von sich selbst, dass er ein Leben zwischen Reisetätigkeit - seit Beginn der Corona-Pandemie allerdings eingeschränkt – und Einsiedlertum führe. Eines seiner raren Interviews  gab er heuer von Argentinien aus im Rahmen des Online-Pfingstkongresses «Vom Ich zum Wir» - ein laut Steindl-Rast zentrales Thema der Gegenwart gerade angesichts der Covid-Krise. «Wir müssen uns wieder eingebettet wissen und danach handeln», so sein Appell. Die Corona-Krise und «das Elend dieser Welt» könnten nur gemeinsam gelöst werden, durch eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Weltgemeinschaft.

Eine Warnung sprach Steindl-Rast in Bezug auf «verformte Religionen» und Ideologien aus: «Lehre, Moral und Ritual neigen dazu, sich im Laufe ihrer Entwicklung zu verhärten: Lehre wird dann dogmatisch und die Moral moralistisch und versteift.» Den gegenwärtigen Kirchenaustritten kann er auch eine weiterführende Seite abgewinnen, wie er einmal sagte: Die derzeitige Autoritätskrise «zwingt uns zu fragen, worauf wir uns letztlich verlassen können». Glaubenssätze seien «immer wieder auf persönlich nachvollziehbare Erfahrung und Überzeugung zurückführen - auf innere Autorität also, bei allem Respekt für äußere».

Erfahrung wichtiger als Vorformuliertes

Unmittelbare Erfahrung, nicht vorformulierte Überlieferung, ist nach der Überzeugung des austro-amerikanischen Benediktiners entscheidend für das Erleben Gottes. Ausgehend vom berühmten Augustinus-Zitat «Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in Dir» beschrieb der Ordensmann einmal bei einem Wiener Kulturkongress sein eigenes Gottesbild: «Gott ist nicht mehr der ganz andere, von dem wir getrennt sind, sondern Gott ist uns näher als wir selbst.» Seine lebensnahe Mystik verbindet Steindl-Rast immer wieder mit der Aufforderung, auf der Suche nach Sinn mit den Sinnen zu beginnen. Das Jetzt-Sein sei der entscheidende Augenblick, um Gott zu erfahren und dankbar zu sein für die Fülle des Lebens.

«Auch im Unglück kann man dankbar sein», betont der Mystiker. Und ein Schlüsselbegriff für Spiritualität und ein «Weg zur Fülle» ist für ihn Dankbarkeit - für die Gelegenheit, Geduld zu lernen, Verständnis für andere zu haben, zu wachsen: «Wenn wir auf unser Leben zurückschauen, dann sehen wir, dass das, was uns als das größte Unglück erschienen ist, sich als das größte Geschenk herausstellt, weil es zu unserem größten Wachstum beigetragen hat.»

Seit 1953 Benediktiner in den USA

Geboren wurde David Steindl-Rast am 12. Juli 1926 in Wien. Er schloss dort ein Kunst- und Psychologiestudium ab, nebenbei studierte er Anthropologie. 1952 wanderte seine Familie aus wirtschaftlichen Gründen in die USA aus. Schon im Jahr darauf trat er in das damals neu gegründete Benediktinerkloster Mount Saviour im US-Bundesstaat New York ein. Bald wurde er dort zu einem Geistlichen, der nicht-christliche spirituelle Wege erkundete, ohne die Wurzeln der eigenen Religion abzuschneiden.

Konfessionelle Grenzen sind dem Ordensmann bei der Annäherung an Gott bestenfalls zweitrangig. Ein interreligiöser Brückenbauer ist Steindl-Rast spätestens seit 1965, als er von seinem damaligen Abt beauftragt wurde, sich dem Dialog zwischen Christentum und Buddhismus zu widmen. So sammelte er Erfahrungen mit verschiedenen Zen-Meistern. Im Jahr 1968 gründete der Mönch gemeinsam mit Rabbinern, Buddhisten, Hindus und Sufis in den USA das «Center for Spiritual Studies». 1989 initiierte er zusammen mit dem Zen-Mönch Vanja Palmers im österreichischen Dienten am Hochkönig das «Haus der Stille» Puregg (www.puregg.org), das bis heute jedem Interessierten Zugänge zum kontemplativen Leben einer Klostergemeinschaft ebnet. Für sein Engagement im interreligiösen Dialog wurde Steindl-Rast 1975 mit dem Martin Buber Award ausgezeichnet.

Jenseits religiöser Absolutheitsansprüche ist Steindl-Rast bis heute ein neugieriger Suchender geblieben. «Mein ganzes Leben wollte ich vor allem wissen, wie alles mit allem zusammenhängt», schreibt er in seinem jüngsten Buch. «Was mich brennend interessiert, ist das Gesamtbild - die Frage nach dem äußersten Horizont, die Frage, worum es letztlich geht.» Nicht umsonst ist der erste Satz im Buch ein geradezu flapsiges Zitat des dänischen Naturwissenschaftlers, Erfinder und Literaten Piet Hein (1905-1996): «I want to know what this whole show is all about, before it's out.»

Anlässlich seines 90. Geburtstages erzählte David Steindl-Rast im Buch Ich bin durch Dich so ich. Lebenswege (Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2016) seine Lebensgeschichte. Fünf Jahre später erschien Orientierung finden. Schlüsselworte für ein erfülltes Lebenm (Tyrolia, Innsbruck 2021), das der Greis allen Jungen und Junggebliebenen widmet, die «sich immer wieder mit offenem Herzen den weitesten Horizonten zuwenden».


Quelle: Katholische Presseagentur  Wien, vom 19.06. / 09.07.2021

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