Bericht über David Steindl-Rast OSB, anlässlich Waldzell Meeting 2008

unser kleines ich istCopyright © - Christiane Liptak

«Wenn wir unser wahres Selbst finden, brauchen wir uns nicht mehr zu fürchten.» So umreißt der Benediktiner und Zen-Meister David Steindl-Rast sein Credo. Und er lobt die Worte von Papst Benedikt, wonach die Mystik das «Herzstück der christlichen Tradition» sei.

Der amerikanisch-österreichische Benediktiner, Zen-Meister und Träger des Martin-Buber-Preises, der auf seinen Vortragsreisen die ganze Welt bereist hat, bringt es in einem Interviewgespräch am Rande des 5. Waldzell Meetings im Stift Melk auf eine schlichte Formel: «Angst erzeugt Aggression, es entsteht eine Spirale und das führt ins Chaos.» Für David Steindl-Rast heißt die Lösung: «Das Selbst zu finden, weg vom Ego.» Dies sei auch die große Aufgabe im spirituellen Leben, meint der weit gereiste und vielseitig ausgebildete Gelehrte, der sich große Verdienste im Dialog der Kulturen und Religionen, insbesondere dem buddhistisch-christlichen Dialog, erworben hat. Nur wenn wir Menschen anderer Religionen kennen, «gewinnen wir Verständnis». Auf der Ebene der Institutionen alleine sehe er «keine Hoffnung, denn jede Institution muss sich selbst verewigen».

Durch Dankbarkeit zur Freude

In den Meditationspraktiken der verschiedenen Religionen erkennt David Steindl-Rast viel Gemeinsames und er meint: «In allen meinen Begegnungen bin ich auf keine gestoßen, die nicht mit dem Christentum vereinbar wäre». Zur Sehnsucht des Menschen nach der Stille sagt der Theologe, Anthropologe und Soziologe: «Alle spirituellen Pfade bemühen sich, uns ins Jetzt zu führen», das heißt nach der Lehre des Hl. Augustinus in die Ewigkeit. Innere Stille könne man auch im Lärm finden, fügt er hinzu. Der Mensch habe tiefes Verlangen nach Sinn, denn: «Ohne Sinn können wir nur ganz kurze Zeit überleben.» Den Menschen wünscht David Steindl-Rast «Furchtlosigkeit und Dankbarkeit». Dankbarkeit sei «der Schlüssel zur Freude».

Zurück zum Christentum

Zu seinem vielschichtigen Publikum - zu dem buddhistische Mönche und Sufisten genau so zählen wie westliche Intellektuelle und US-Elitetruppen - meint er: «Viele kommen, weil sie ein religiöses Vakuum empfinden. Ich sehe das als Schritt in die religiöse Praxis.» Oft kämen auch Menschen mit christlicher Erziehung, «die aber keine Spiritualität daraus bezogen haben, nur Verbote und Moral». In buddhistischen Klöstern seien ihm Ex-Christen begegnet, «die jetzt ihre christliche Überzeugung mit der buddhistischen Praxis verbinden». Die Mystik, egal ob aus Hinduismus, Buddhismus oder Sufismus bezogen, «hilft, die christliche Tradition wiederzufinden».

Wiederentdeckung christlicher Mystik

Keineswegs verurteilt David Steindl-Rast jene, die sich in Zeiten der Globalisierung einer Art «Buffet-Stil-Religiosität» bedienen, d.h. aus religiösen Angeboten herausgreifen, was ihnen zusagt. «Es geht darum, den Menschen zu geben, was sie brauchen. Es geht um die mystische Erfahrung.» Diese sei im Christentum zu lange vernachlässigt worden. Umso mehr freue er sich, dass Papst Benedikt XVI. erklärte: «Die Mystik ist das Herzstück der christlichen Tradition» und stelle zugleich das Tor zum Osten dar.

Die Gefahr des Fundamentalismus

Auf der anderen Seite warnt David Steindl-Rast davor, die Heilige Schrift zu wörtlich zu nehmen. «Man soll die Bibel nicht wörtlich nehmen. Nur so kann man sie ernst nehmen.» Die Bibel wörtlich zu nehmen, wäre eine unverständliche Annäherung. Die Bibel muss dichterisch verstanden werden. «Ein Wörtlich-Nehmen berge überdies eine große Gefahr und führt zu Fundamentalismus». Dies gelte für alle Religionen, fügte der Theologe hinzu, ohne Namen zu nennen.

Wurzeln in Wien

Der gebürtige Wiener war nach Abschluß seines Studiums seiner Familie in die USA gefolgt. Er gehört dem Mount Saviour Monastery in Elmira (Bundesstaat New York) an, absolvierte weitere Studien an der Cornell University und hatte dort eine Dozentur inne. Mit Genehmigung des Vatikans nahm er am buddhistisch-christlichen Dialog teil. Er studierte bei bekannten Zen-Lehrern, initiierte mit Thomas Merton eine religiöse Erneuerungsbewegung. Auf die Frage welches sein schwierigstes Publikum gewesen sei denkt Bruder David nicht lange nach. Als er vor der US-Elitetruppe Green Berets auf der Airforce Academy in Colorado Springs sprach, «das war schwer», denn dann sei die Frage aufgetaucht: Wen würden Sie an die Front mitnehmen? «Sie», sagte ein Soldat zum Vortragenden.



Quelle:
  religion ORF.at anlässlich des Waldzell Meeting 2008 erscheint unter religion.ORF.at/news  

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